Nachhaltige Fonds: Siegel, Ratings und Rankings

Seit nachhaltige Anlage über die letzten beiden Jahre hip geworden ist, gibt es auf einmal nur noch Anbieter, die schon eine jahrzehntelange Tradition im verantwortungsbewussten Investieren vorzuweisen haben, ja sogar Pioniere auf diesem Gebiet sind. Unter den ganzen selbsternannten Champions der Nachhaltigkeit tobt derweil ein Wettkampf um die blumigsten Fondstitel und vollmundigsten Beschreibungen der Anlagestrategien. Ist klar.

Ein mal schnell über das Werbematerial zu fliegen reicht auf diesem Marketing-Schlachtfeld nicht aus, um herauszufinden, ob das Nachhaltigkeitskonzept eines Fonds zu den eigenen Ansprüchen passt. Wir brauchen seriöse Quellen. Bevor es im nächsten Artikel mit dem großen ETF-Rundumschlag weitergeht, machen wir deswegen einen kurzen Abstecher in die Welt der Ratings und Datenbanken für nachhaltige (und nicht so nachhaltige) Fonds.

Es gibt recht viele Informationsquellen mit sehr unterschiedlichen Herangehensweisen, deswegen kommt jetzt auch keine vollständige Liste, sondern eine Auswahl derer, die ich selbst gerne nutze und die sich untereinander gut ergänzen. Los geht’s.

FNG-Siegel

Das Forum für nachhaltige Geldanlage ist ein Fachverband zur Förderung nachhaltiger Investitionen im deutschsprachigen Raum. Um Anleger:innen eine möglichst einfache Entscheidungshilfe bei der Auswahl von Investmentfonds zu bieten, haben die Finanz-Philanthrop:innen ein Gütesiegel ins Leben gerufen.

Im Grunde funktioniert das Ganze wie bei Demeter, eben nur für Fonds und mit Abstufungen. Anbieter müssen sich aktiv auf das Siegel bewerben und werden dann in einem ausführlichen Testprozedere auseinander genommen. Wer der Prüfung standhält bekommt das Siegel und optional bis zu drei Sterne.

Mindestvoraussetzungen sind diverse Ausschlüsse:

  • Waffen
  • Kohle
  • Kernenergie
  • Fracking
  • Menschenrechtsverstöße

Dabei gelten zum Teil Toleranzen bis zu 5%, bemessen am Umsatzvolumen des Unternehmens.

Darauf aufbauend werden die Fonds in vier Weiteren Bereichen bewertet. Wer sich volle drei Sterne ans Portfolio heften möchte, muss auch im eigenen Unternehmensalltag ein Nachhaltigkeitskonzept vorweisen und sehr umfangreiche Strukturen für Research und Reporting etabliert haben. Der Fonds muss zu den geforderten Ausschlüssen auch Positiv-Kriterien anwenden, sich also auf besonders nachhaltige Unternehmen fokussieren. Zuletzt muss das Fondsmanagement sich als Aktionär aktiv verhalten. Die Stimmrechtsausübung zu Gunsten einer nachhaltigen Entwicklung und der Dialog mit den Konzernen werden bewertet.

Das FNG-Siegel tragen im Moment 163 Fonds. Die Liste kannst du dir auf der Website des FNG ansehen. Dort gibt es auch ein gut aufbereitetes Nachhaltigkeitsprofil zu jedem Fonds, in dem du alle wichtigen Daten und Informationen findest, um für dich eine gute Entscheidung treffen zu können.

Interessierst du dich weiter für das FNG-Siegel, dann schau doch mal im Podcast vorbei. Geschäftsführer Roland Kölsch berichtet in einem spannenden Interview darüber.

Faire-Fonds.info von Facing Finance

Wir bei Facing Finance legen den Finger in die Wunde – da, wo es hapert an der Einhaltung von Menschenrechten, Arbeitsrechten, Umweltstandards.

Richard Buch

Wo das FNG ein umfangreiches Bild der Fonds zeichnen möchte, geht es Facing Finance darum Missstände aufzudecken. Auch im Gegensatz zum FNG werden die Fonds auf der Plattform unfreiwillig auf Kontroversen überprüft. Das Ergebnis sollte vielen Anbietern nicht gefallen.

Auf Faire-Fonds.info kannst du dir zu jedem analysierten Fonds anschauen, wie hoch dessen Anteil an Investitionen in kontroverse Unternehmen ist. Dafür gibt es die Unterkategorien:

  • Umweltzerstörung
  • Menschenrechte
  • Rüstung
  • Korruption
  • Klimawandel
  • Finanzdelikte
  • Arbeitsrechte

 

Als Quelle für die aufgeführten Kontroversen dienen der NGO gleich sieben verschiedene Quellen, aus denen weltweit 330 Konzerne hervorgehen, deren Geschäftspraktiken nicht akzeptabel sind. Alle Quellen für die Datenbank sind wirtschaftsferne Institutionen wie Urgewald oder der norwegische Pensionsfonds, was die Ergebnisse in meinen Augen stark aufwertet.

Bei den Facing Finance wird allerdings nicht berücksichtigt, ob der Fonds mit den Unternehmen in den Dialog geht oder nicht.

Im Grunde muss sich auch der größte Konzerne so verhalten, wie die Mehrheit seiner Aktionär:innen es wünscht. Fonds als milliardenschwere Investoren haben also das Potenzial ein Unternehmen aus der Schmuddel-Ecke heraus zu zwingen. Das sogenannte Active Ownership kann sehr wirksam sein, solange nicht das ganze Geschäftsfeld kontrovers ist.

H&M kann sich grundsätzlich zu einer Vorreiterin der Nachhaltigkeit entwickeln, der Rüstungskonzern Lockheed Martin ist hingegen nicht mehr zu retten. Kleine und große Konzern-Schurken pauschal auszuschließen, muss also nicht unbedingt das beste Ergebnis bringen.

Dennoch, Facing Finance ist eine erstklassige Quelle und straft so machen vermeintlich super-grünen Fonds lügen. Besonders, wenn es dir auf strenge Ausschlusskriterien ankommt, kannst du den Fonds deiner Wahl dort gut überprüfen.

Auch Facing Finance hat sich schon im Podcast hören lassen. Der Hauptverantwortliche für Faire-Fonds, Richard Buch, gibt in der sechsten Folge Einblicke in die Arbeit der NGO.

Fondsweb.com

Die Plattform ist das genaue Gegenstück zu Faire-Fonds. Hier steht die Nachhaltigkeit nicht im Vordergrund, sondern ist Teil einer umfangreichen Datenbank, die historische Kurse, Fondskosten, Schwankungsbreite und alle weiteren wichtigen Informationen enthält. Dazu zählt auch ein ESG-Rating.

ESG steht für Environmental, Social and Governance. Unternehmen werden nach ihrer Umweltbilanz, ihrem Sozialverhalten und ihrer Unternehmensführung bewertet. Orientiert an diesen Überpunkten erstellen spezialisierte Ratingagenturen ESG-Scorings, die als Basis für viele ETFs und gemanagte Fonds dienen.

Das ESG-Profil kann aus ethischen Gründen in die Anlageentscheidung einfließen, aber auch aus ökonomischer Weitsicht, da Skandale vermieden und Branchen ohne Zukunft frühzeitig abgestoßen werden können.

Wie die gesamte Plattform speist sich dieses aus der Finanzdatenkrake ISS. Der Konzern Sammelt seit drei Jahrzenten Informationen zu so vielen investierbaren Unternehmen wie möglich, bereitet sie auf und verkauft sie dann an alle, die etwas damit anfangen können – Fondsmanager:innen zum Beispiel.

ISS nimmt sich für sein ESG-Rating jedes Unternehmen nach einer Checkliste mit ca. 100 Unterpunkten vor, die zu einem Drittel branchenspezifisch ist und vergibt dann eine Note von D- bis A+. Die Daten des Dienstleisters sind die umfangreichsten und das Rating das detaillierteste. Wenn du nicht zufällig zahlende Großinvestorin mit Taschen voller Geld bist, stehen dir die vollständigen Analysen zwar nicht zur Verfügung, du kannst dir aber auf fondsweb.com ein Rating von einem bis fünf Sternen für den Fonds anschauen – nicht zu allen, aber zu wirklich vielen.

Besonders in Verbindung mit den allgemeinen Fondsdaten ist Fondsweb wirklich nützlich, um sich einen ersten Eindruck von einem Investmentfonds zu machen.

EcoReporter

Im Magazin für nachhaltige Geldanlage findest du nicht nur viele sehr gute Fachartikel, sondern auch umfangreiche Test für Fonds und andere Anlagearten, die sich selbst als nachhaltig bezeichnen.

Neben einer Testübersicht mit den wichtigsten Pros und Kontras, sowie einem Ergebnis als Schulnote, bekommst du auch immer einen Artikel, anhand dessen du nachvollziehen kannst, wie es zu den Ergebnissen gekommen ist.

Das starke bei EcoReporter ist, dass die Hintergründe aufbereitet werden. Ideal also, wenn man wirklich verstehen will, was mit dem investierten Geld passiert.

Das ganze geschieht unabhängig und wird durch die Premium Abos finanziert. Ein solches brauchst du auch um die Testergebnisse abrufen zu können. Dafür zahlst du 99,60 Euro pro Jahr. Legst du bei deiner Anlage viel Wert auf Nachhaltigkeit und willst deine Entscheidungen ohne Berater:in treffen, kann ich dir das Magazin nur empfehlen. Praktischerweise kannst du dir dort auch Inspiration für wirkungsorientierte Anlage abseits von offenen Investmentfonds holen.

Fazit

Die vier vorgestellten Informationsquellen sollten dir die Fondsauswahl deutlich erleichtern. Alle haben ihre Vor- und Nachteile, aber in Kombination kannst du damit recht gut durch das Meer der grünen und nicht ganz so grünen Fonds navigieren.

Blogs wie meiner und die einiger großartiger Koleg:innen können dir vorab schon mal eine erste Orientierung geben. So mal eben nebenbei triffst du allerdings weder gute noch nachhaltige Anlageentscheidungen.

Wenn du das nächste mal einen Beitrag aus der Richtung „Nachhaltig investieren: Ganz einfach mit diesem Öko ETF“ liest, kannst den Wunderfonds ja mal auf den Plattformen überprüfen. Meistens blättert die grüne Farbe dann recht schnell ab.

 

Bis bald.

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Weiter lesen:

  • faire-fonds.info
  • Interview mich Richard Buch von Facing Finance
  • fng-siegel.org
  • Interview mit Roland Kölsch vom FNG
  • ecoreporter.de
  • fondsweb.com
  • issgovernance.com